Tiere erlaubt

„Tiere erlaubt“ – unter diesem Slogan starten wir vor einigen Jahren unser Konzept, Bewohnerinnen und Bewohner zusammen mit ihren Haustieren in unserem Hause aufzunehmen. Und so zogen schon bald die ersten Katzen und Hunde mit Frauchen oder Herrchen zu uns. Schnell stellte sich heraus, dass das Zusammenleben mit den Tieren eine Bereicherung für unsere älteren Menschen war. Nach und nach schafften wir auch noch für den Außenbereich Hühner, Ziegen und Minischweine an, ergänzt durch einen großen Teich mit Kois. Landleben pur! Es blieb nicht aus, dass die Medien auf unser Konzept aufmerksam wurden. Zuerst erschien ein großer Artikel über unser Konzept in der Nordsee-Zeitung. Dann folgten Berichte auf Nord 3, SAT 1 und RTL. Radio Weser-TV  zeigte sogar eine dreißig minütige Reportage über unser Haus. Was für ein schöner Erfolg unserer langjährigen Arbeit ! Nach der Ausstrahlung der Sendung konnten wir uns vor Anfragen kaum retten, u.a. eine 90-jährige Seniorin mi ihrem erst 20-jährigen Papagei. Im Folgenden möchten wir gerne näher auf unser Konzept eingehen.              

Die Folgen der gesellschaftlichen Veränderungen im letzten Jahrhundert lassen es nur noch selten zu, dass Familien mit mehreren Generationen in einem Haus zusammenleben oder zumindest in der Nähe, um sich gegenseitig zu unterstützen. Der Umzug in ein Heim bedeutet oft einen Verlust von vertrauten Familienmitgliedern, Nachbarn und Freunden. 

Im Heim müssen neue Kontakte erschlossen werden, was nicht jedem im Alter leicht fällt. Das Gefühl jedoch, von einem anderen verstanden und geachtet zu werden, ist für die Erhaltung und Entwicklung eines positiven Selbstbildes von großer Bedeutung.

Tiere bieten uns Menschen nicht nur Zuneigung und Begleitung, sondern sie motivieren alte wie auch junge Menschen zu mehr Lebensfreude. 
Viele Menschen kennen die Freude, wenn der Hund mit wedelndem Schwanz einen stürmisch begrüßt oder wenn die Katze mit erhobenem Schwanz auf einen zukommt und anfängt zu schnurren, um ihre Streicheleinheiten zu erhalten. 

Für eine Katze spricht ihr weiches Katzenfell, ihre ruhige, lautlose Art, die auf den Menschen entspannend wirken und sein Bedürfnis nach Körperkontakt und Zärtlichkeit erfüllen kann.

Ein Hund besitzt die Möglichkeit uns durch seine auffordernde Art zu aktivieren und fördert auf Spaziergängen das Erleben von Kompetenz und Verantwortung.

Über das regelmäßigen Füttern eines Wellensittichs und das Säubern des Stalls, erhalten Heimbewohner wieder Verantwortung.  

In Altenheimen werden die Menschen häufig mit Stresssituationen konfrontiert. Zum einem müssen sie sich ohnehin mit den Belastungen des Alters auseinandersetzen, wie z.B. die Verarbeitung von körperlichen Einschränkungen und den Verlust von nahe stehenden Personen. Zum anderem werden sie mit Pflegepersonal konfrontiert, dass einer hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt ist. 

Das Beobachten einer schlafenden Katze und das Kraulen des Fells eines  Hundes lenken von alltäglichen Sorgen ab und lassen ein Gefühl der Behaglichkeit aufkommen. Somit kann das Tier als ruhender Pol für alle im Heim wirken. Das klappt übrigens auch sehr gut mit Minischweinen oder Zwergziegen.

Dass Lachen gesund ist, ist sprichwörtlich und medizinisch bekannt. 
Haustiere sind häufig Quelle für Humor und Spiel im Leben von Menschen und können daher von Belastungssituationen ablenken und die Wahrnehmung von Stress mildern. Das Spiel oder nur die Beobachtung eines Spiels mit der Katze oder Hund bringt Freude, lenkt von Krankheiten ab und bringt Abwechslung in den Alltag. 

Ein Tier fordert Aufmerksamkeit, körperliche Zuwendung und Verantwortung. 
Gerade alte Menschen haben kaum Möglichkeiten das Bedürfnis nach Zärtlichkeiten auszuleben. Körperliche, zärtliche Annäherungen sind im Alter aus verschiedenen Gründen kaum vorhanden. 
Das Streicheln und Berühren eines Hundes, einer Katze, eines Schweines oder eine Ziege ist in jedem Alter erlaubt und kann das Bedürfnis nach körperlichem Kontakt befriedigen.

Tiere vermitteln ein Gefühl von Sicherheit und Trost. Das Zusammenleben mit einem Tier setzt lebensnotwendige Gefühle frei. Vor allen Dingen der an Demenz erkrankte alte Mensch braucht an erster Stelle Liebe, Verständnis und Akzeptanz. Er braucht Liebe, um Halt und Geborgenheit  zu finden.                                                                                                                                        Er braucht Verständnis, da sein Denken, Fühlen und Erleben von Erinnerungslücken und Verlustängsten geprägt ist. 
Er braucht Akzeptanz, damit seine Veränderungen von anderen angenommen werden. Er braucht Aktivität, um das Gefühl zu erhalten etwas wert zu sein. Tiere beurteilen nicht nach Äußerlichkeiten und fragen nicht danach, ob man behindert ist oder körperliche Gebrechen hat.  Ein Tier nimmt nur die ehrlichen Gefühle eines Menschen wahr. 
Sie leben den Moment. Sie haben keine Angst vor dem Sterbenden. 

Ein Heimtier bietet den Enkelkindern der Bewohner einen zusätzlichen  Anreiz das Heim zu besuchen.

Gegen eine Haltung von Tieren sprechen eine mögliche Überforderung 
sowohl der Heimbewohner, des Pflegepersonals, als auch des Heimtieres selbst. 
Weiterhin sind die beim Menschen auftretenden allergischen Reaktionen, die hygienischen Bestimmungen und ungenügende zeitliche und räumliche Voraussetzungen zu beachten. 

Der Einsatz von Tieren sollte daher sehr gut geplant werden. 
Individuelle Präferenzen und jede Ablehnung auf seitens der Bewohner als auch des Pflegepersonals sollten beachtet werden.

Genauso muss dem Tier gegenüber als Lebewesen Respekt erwiesen und es artgerecht gehalten werden. Das Tier darf nicht auf ein therapeutisches  Nutzobjekt reduziert, aber auch nicht überbewertet, beziehungsweise vermenschlicht werden. 

Ein Tier entfaltet nur dann seine positive Wirkung, wenn der Mensch 
eine emotionale Beziehung zum Tier aufbauen kann.


Wer Liebe gibt, bekommt sie auch wieder zurück.